Manchmal verliere ich mich in den Untiefen der menschlichen Psyche und unmenschlichen Verhaltensweisen. Sowohl bei anderen, wie auch bei mir selbst. Und dann kann ich nur sagen: Weck mich bitte auf!

Als ich anfing, diesen Beitrag zu schreiben, ging es um „Druck“ und die „Müssens“, die wir alle so mehr oder weniger bewusst in uns haben. Dabei schrieb ich mich etwas in Rage über die „Gesellschaftlichen Normen“ und das unbewusste Verhalten, das zu Ausgrenzung, Trennungen und bis hin zu Mord und Totschlag führt. Als ich den Beitrag fertig geschrieben habe, entschloss ich mich, ihn so zu lassen, auch wenn ich vom Thema abgekommen bin. Ich habe ihn allerdings umbenannt und hole das mit dem Druck und dem Müssen dann vielleicht ein anderes mal nach.

Warum nur vielleicht? Nun, ich will mich da nicht unter Druck setzen 🙂

Los geht’s.

Auf einer Transformations-Woche die ich vor längerem begleitete, erzählte eine Mutter, dass sie ihrem Kind einmal sagte, es solle sich mehr anstrengen. Daraufhin fragte das Kind: Mama, was ist anstrengen, wie geht das?

Das „Druck-Thema“, also sich selbst Druck machen oder Druck gemacht bekommen, ist mit Abstand eines der Themen, das mir in meinen Einzelcoachings am häufigsten begegnet und ich vermute, dass jeder von uns früher oder später mit sich und seinem Druckthema konfrontiert wird.

Was bedeutet das Wort „müssen“? Und ich lade dich ein, bevor du weiterliest, dir selbst die Frage zu beantworten. Nicht oberflächlich, sondern mal tief in dich hinein zu gehen.

Was bedeutet das Wort „müssen“ für dich? Wie würdest du das einem dreijährigen Kind erklären? Wie definierst du es für dich?

Also, wenn du möchtest, lege eine kurze Lesepause ein und kehre nach Innen.

Und spüre mal, wie es dir jetzt gerade geht. Angenehm, unangenehm oder neutral?

Was für eine Antwort kam da auf dich zu?

Und jetzt spüre mal, wie sich das anfühlt, wenn ich schreibe:

Du musst jetzt eine Lesepause einlegen und dich sofort nach innen Kehren.

Wie geht es dir damit? Angenehm, unangenehm oder neutral?

Ich habe gerade mal das Googlenet befragt, wie es „müssen“ definiert.

müs·sen

/mǘssen/

1a.
einem [von außen kommenden] Zwang unterliegen, gezwungen sein, etwas zu tun; zwangsläufig notwendig sein, dass etwas Bestimmtes geschieht
„sie muss um 8 Uhr im Büro sein“

1b.
aufgrund gesellschaftlicher Normen, einer inneren Verpflichtung nicht umhinkönnen, etwas zu tun; verpflichtet sein, sich verpflichtet fühlen, etwas Bestimmtes zu tun
„sie musste heiraten (sah sich dazu gezwungen, weil sie ein Kind erwartete)“

Damit wäre alles geklärt und ich brauche hier gar nichts weiterschreiben. Oder?

Ich schiebe einfach die Frage hinterher: Wessen Leben willst du leben? Deines oder das der anderen?

Und nun stellen wir uns eine kleine Gruppe von drei Leuten vor, und jeder würde gerne das Leben eines der beiden anderen Leben.

Keiner lebt sein eigenes Leben.

Wie bescheuert ist das denn?

Weißt du, ich glaube das will in Wahrheit niemand.

Und ich merke, während ich schreibe, wie wütend mich das macht, dass so viele Menschen – mich eingeschlossen – immer wieder so fremdgesteuert sind, weil sie, und ich, also wir, glauben, irgendwelchen Normen entsprechen zu müssen.

Wessen Normen und Vorstellungen?

Da ist keiner!

Alle schieben das auf das große Phantom „Die Gesellschaft“ oder „Das macht man so“.

‚Nen scheissdreck macht man so.

Uiuiui, ich schreibe mich hier gerade richtig schön in Rage.

Ich komme da an mein Thema.

Und ich erinnere mich, wie ich mich Ende letzten Jahres drei Nächte in ein einsames Haus am Wald zurück gezogen hatte, mein Handy ausgemacht und nur ein Stapel leerer Blätter mitgenommen hatte.

Und am zweiten Tag machte es bei mir „Klick“.

Ich merkte, wie ich spirituellen Lehren hinterher hechelte und innerlich glaubte, ich müsste erst so und so sein und mich erst so und so verhalten, um richtig zu sein.

Nein!

Ich muss nicht erst transformieren, ich muss nicht meditieren und ich muss auch nicht alles annehmen was ist. So wie ich es auch in „Spirituelle Missverständnisse“ beschrieben habe.

Ich muss gar nichts.

Ich ging durch den Wald und bemerkte, wie viele Regeln und Vorgaben da in mir schlummern. Und ich streckte auf einmal beide Mittelfinger in die Luft und sagte laut: Ihr lieben Regeln, ihr könnt mich mal am Arsch lecken.

Da war kein Ärger, da war keine Wut und kein Hass.

Da war Freude über die Erkenntnis, dass ich … gar nichts muss.

Ihr lieben Regeln, ihr könnt mich alle am Arsch lecken.

OHNE ÄRGER. Ich habe das so liebevoll, klar und bestimmt gesagt und meine Stimme wurde immer lauter.

In mir war dazu der Satz: Ich muss gar nichts. Nichts.

Ich bin frei.

All ihr Regeln und Vorgaben – ihr könnt mich mal sowas von gernhaben.

Ich rede nicht von Gesetzen, ich rede von den gesellschaftlichen Regeln, die in Wahrheit doch niemand befolgen will.

Ich fange gleich an zu weinen, wenn ich an all die Menschen denke, die geächtet wurden, die gefoltert und getötet wurden, weil sie „den gesellschaftlichen Normen“ nicht entsprachen.

Weil sie sich nicht angepasst haben. Weil sie sich nicht haben verbiegen lassen. Weil sie sich selbst treu geblieben sind.

Es ist eine verkehrte Welt. Manchmal. Immer wieder.

Verrückt!

Die „normalen“ haben so eine Angst vor dem abnormalen, dass sie damit nicht klarkommen und das abnormale eliminieren wollen.

Das ist doch nicht normal.

Behinderte, Missgebildete, Hexen, Mönche, Gläubige, Ungläubige, Gebildete, Ungebildete … die Liste ist beliebig lange.

Liebe Leute, wacht auf!

Wenn du denkst, dass unnormal nicht normal ist, dann wach auf!

Da fällt mir das Lied „Weck mich auf“ von Samy Deluxe ein. Gesungen von Xavier Naidoo.

Ich erlaube mir, das hier zu verlinken, doch ich warne dich vor. Es ist schwere Kost.

Ich traue es dir zu, doch es kann sein, dass es tief reingeht. Es kann sein, dass diese Wahrheit zu erkennen dich erst einmal tief traurig macht.

Die Wahrheit darüber, dass wir uns selbst zerstören, dass wir uns gegenseitig das Leben schwer machen, dass wir uns voneinander abschneiden, anstatt füreinander da zu sein und uns gegenseitig unterstützen.

 

 

Und ich weiß, da kommt eines meiner Themen hoch, während ich hier schreibe. Das zu sehen, macht mich hilflos, wütend und ohnmächtig zu gleich. Und ich übernehme die volle Verantwortung dafür, dass dies meine Hilflosigkeit, meine Wut und meine Ohnmacht ist.

Warum tun wir uns das an?

Damit meine ich „Warum sind wir immer wieder so unmenschlich zueinander“?

Und ich kenne die Antwort, doch im Moment will ich sie nicht sehen. Im Moment will ich sie nicht hören. Im Moment betrachte ich das Geschehen vor meinem inneren Auge von außen und schüttle mit dem Kopf.

Die Stimme des Teufels ist süß.

Der Teufel in mir, der nur dann existiert, wenn ich ihm die Aufmerksamkeit gebe. Wenn ich ihn durch meine Vorstellungskraft erschaffe. Wenn ich ihm den Raum gebe, zu sein. Wenn ich ihm bewusst oder unbewusst erlaube zu sein.

Und so wie ich das tue, machen das andere Menschen auch. Ohne zu wissen, was sie tun.

Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.

Ich wusste es oft auch nicht. Und auch ich vergesse es immer wieder.

Ich hatte oft Glück in meinem Leben, nicht „abgerutscht“ zu sein. Ich hatte Glück, dass meine innere Stimme so gut bei mir war. Oder meine Schutzengel. Oder wer und was auch immer.

Halte ich das aus?

Wieviel Liebe kann ich ertragen?

Das ist die entscheidende Frage.

Wieviel Liebe kann ich ertragen?

 

Da ich selbst Liebe bin, kann ich auch fragen, wie sehr kann ich mich selbst ertragen?

Wie sehr bin ich bereit, meinen tiefsten Tiefen zu begegnen?

Wie sehr bin ich bereit, mich ganz vor meine Schattenseiten zu stellen und ihnen schutzlos in die Augen zu blicken.

Und damit mir selbst.

Bin ich wirklich bereit, mich ganz zu erkennen und ganz so anzunehmen wie ich bin?

Mit all meinen Fehlern.

Mit all meinen dunklen Seiten.

Mit all meiner Unmenschlichkeit.

Was mache ich mit mir, wenn ich mich selbst nicht ertragen kann?

Atmen.

Einatmen. Ausatmen.

Wach auf!

Nicht die Augen verschließen.

Schau hin.

Sie dir selbst in die Augen.

Sieh, wie du schön du bist.

Du bist es.

Du darfst es sein.

Du bist es!

Umarme das Böse in dir

Und nein, ich will keine Angst schüren. Angst macht noch mehr Angst und führt zu noch mehr Leid.

Ich nehme die Angst wahr. Bei mir, bei anderen.

Du süßes, kleines, hilfloses Geschöpf.

Du Kreation meiner unwahren Gedanken.

Du mein inneres Gegenstück, das nichts weiter will, als zu leben.

Du kannst es nicht.

Du bist wie ein kleines Kind, das vor einer Glasscheibe steht und nur zuschauen darf, wie die anderen Spaß haben.

Du kannst nicht am Leben teilhaben, also willst du es zerstören. Also willst du auch nicht, dass andere es können.

Doch da ist auch ein Irrtum.

Auch wenn du nicht wirklich mitmachst, können wir dich in die Arme nehmen und dir in Liebe begegnen.

Das ist die Aufgabe.

Das ist meine Aufgabe.

Dich zu umarmen.

Das böse in mir. Das böse in dir.

Denn auch das Böse ist nur der Ausdruck von Liebe. Die vergessene Liebe. Und in dem Moment, wo ich die Liebe dort hinfließen lasse, geschieht etwas.

Und das Böse kann nicht anders, als dahinschmelzen.

Und sich erinnern.

Sich daran zu erinnern, dass wir die Liebe sind, nach der wir immer wieder suchen.

Danke dir.

Danke dir für dein Erinnern.

Ich liebe dich.

Marius Schäfer

Marius Schäfer

Persönlichkeits-Coach

Durch meine eigene Lebenskrise habe ich begonnen, mich damit auseinanderzusetzen, wie ich positive Veränderung in meinem Leben hervorrufen kann. Meine Erfahrungen teile ich hier mit dir.

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